Studierende neigen in manchen Bearbeitungsschritten dazu, die gleichen Fehler zu machen. Die Gründe können vielfältig sein, entweder ist das geforderte Vorgehen nicht besonders intuitiv, die Lehre war in diesem Punkt nicht eingängig oder in der Lerngruppe hat sich ein falsch verstandenes Vorgehen verfestigt. Das Aufzeigen von sog. „Klausursünden“ dient nicht der Bloßstellung einzelner Falschbearbeitungen, sondern soll beim Gewahrwerden von wiederkehrenden Fehlerquellen helfen.
Lesenswerte Empfehlungen zu Sprache und Stil gibt es auch hier: https://www.isvwr.uni-osnabrueck.de/sprachestil.html
Für die Verletzungshandlung des Unterlassens im § 823 BGB wird die Formel in der Kausalitätsprüfung nicht modifiziert.
Beim Unterlassen funktioniert die conditio sine qua non – Formel nicht direkt, es gilt eben gerade nicht, etwas hinwegzudenken. Sie ist daher modifiziert anzuwenden, es handelt sich um die sog. conditio cum qua non – Formel.
Zu prüfen ist, ob die zu fordernde Handlung (manchmal auch: die gebotene Handlung) nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Form entfiele. Demnach ist ein Unterlassen für den Schadenseintritt kausal, wenn pflichtgemäßes Handeln den Schadenseintritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte.
Im Prüfungspunkt „ersatzfähiger Schaden“ wird lediglich die allgemeine Schadensdefinition verwendet und die Darstellung erstreckt sich auf: „Ein ersatzfähiger Schaden liegt in jeder unfreiwilligen Vermögenseinbuße i.S.d. §§ 249 ff. BGB.„.
Prüft man das Vorliegen eines i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB ersatzfähigen Schadens, sollte in die Prüfung einbezogen werden, dass gerade nicht jede unfreiwillige Vermögenseinbuße einen ersatzfähigen Schaden darstellt – der § 823 Abs. 1 BGB nennt die geschützten Rechtsgüter, die eine deliktsrechtliche Kompensation im Falle einer Verletzung erfahren können. Günstig ist es, die bereits produzierte Erkenntnis in der Prüfung der Rechtsgutverletzung nicht zu verwässern, indem man jede Vermögenseinbuße als ersatzfähig darstellt, insofern ist ein Bezug zwischen Rechtsgutverletzung und Schaden in der Formulierung angezeigt – die haftungsausfüllende Kausalität!
„Ein ersatzfähiger Schaden liegt in jeder unfreiwilligen Beeinträchtigung vermögenswerter und ideeller Interessen der geschützten Rechtsgüter, Art und Umfang des Ersatzes bestimmen sich nach den §§ 249 ff. BGB.„
oder
„Ein ersatzfähiger Schaden i.S.d. § 823 BGB liegt vor, wenn die Rechtsgutverletzung zu einer negativen Beeinträchtigung des Vermögens geführt hat, die Ersatzfähigkeit bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB.„
wäre wohl in der Formulierung bei § 823 Abs. 1 BGB etwas genauer und wünschenswert.
Hieran schließen sich gerade Erwägungen zur haftungsausfüllenden Kausalität und zur Naturalrestitution (Regelfall) oder zu einer der gängigen Ausnahmen (bspw. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB) an. Denn, dass ein Schaden vorliegt, sagt noch nichts darüber aus, ober er auch seiner Art nach und in welchem Umfang er ersatzfähig ist.
Die Fallfrage fragt nach der Rechtslage oder nach Ansprüchen und es wird geprüft, ob jemand „einen Anspruch auf Rücktritt“ oder „ein Rücktrittsrecht“ hat.
*ähnliches gilt für Fallfragen nach „Minderungsansprüchen“, „Rücktrittsansprüchen“, „Selbstvornahmeansprüchen“, etc.
Die Prüfung eines Rücktritts ist – außer die Fallfrage fragt ausdrücklich nur danach, ob ein Rücktrittsrecht besteht – mit der vorgeschalteten Frage nach der Prüfung des Zustandekommens eines Rückgewährschuldverhältnisses verknüpft. Der wirksame Rücktritt lässt dieses entstehen und aus ebendiesem Rückgewährschuldverhältnis entsteht der Anspruch auf Rückgewähr. Es ist also sehr wohl richtig und geboten, einen Obersatz bei der Rücktrittsprüfung zu bilden, in dem ein Anspruch untersucht und eine Vorschrift zitiert wird.
XY könnte einen Anspruch auf Rückgewähr (der Sache) gem. § 346 Abs. 1 BGB gegen AB haben. Dieser Anspruch müsste entstanden, nicht untergegangen und durchsetzbar sein.
Der Anspruch entsteht, wenn die Tatbestandlichkeit der Rechtsgrundlage vorliegt, hier also die Voraussetzungen der §§ 323 ff. BGB, manchmal ergänzt um die Sondervorschriften des jeweiligen Besonderen Teils des Schuldrechts.
Jenach Aufgabenstellung/ Fallgestaltung, kann dann noch die Leistungserbringung Zug-um-Zug i.S.d. § 348 BGB im Obersatz zu ergänzen sein, oder nicht.
Ähnliches gilt für Ansprüche „auf“ oder „aus“ Minderung. Genau wie der Rücktritt auch ist die Minderung ein Recht – kein Anspruch oder Anspruchsgrundlage. Resultierende Ansprüche sind entweder die Rückgewähr des überzahlten Kaufpreises oder – in dem Fall, in dem noch nicht gezahlt worden ist – der Anspruch auf Kaufpreiszahlung gem. § 433 Abs. 2 BGB, dieser ist dann durch teilweisen Untergang um die Minderungshöhe reduziert.
Entsprechend ist der Anspruch bei der erfolgreichen Ausübung des Selbstvornahmerechts auf Aufwendungsersatz gerichtet – einen Anspruch auf Selbstvornahme gibt es nicht.
Die Textaufgabe fragt nach dem möglichen Sinn und Zweck des Aufrechnungsverbotes gegen Forderung aus unerlaubter Handlung und die Antwort lautet, dass das Aufrechnungsverbot in § 393 BGB geregelt ist und dort steht, dass die Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung die Aufrechnung nicht zulässig ist.
Die ebengenannte Antwort beantwortet mit keinem Wort die Frage nach dem Sinn und Zweck der Regelung und ist somit 0 Punkte wert.
Richtig wäre es auszuführen, dass § 393 BGB die Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung verbietet und dadurch eine „Privatrache“ oder Selbstjustiz eines Gläubigers gegenüber einem säumigen oder zahlungsunfähigen Schuldner verhindert werden soll. Mit einer solchen Forderung kann hingegen aufgerechnet werden. So wird die Allgemeinheit geschützt, indem das Risiko von vorsätzlichen Rechtsgutverletzungen nicht erhöht wird, weil sich Schädiger keine Sorgen um den kompensatorischen Schadensersatz machen müssen. Sie müssen es eben doch!
Die Aufgabe fragt nach einem Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen, hier im Sinne der §§ 634 Nr. 2, 637 I BGB. Und an keiner Stelle wird untersucht, ob Aufwendungen vorliegen und ob diese erforderlich gewesen sind.
Typischerweise am Ende der Anspruchsentstehungsprüfung, ob unter der Überschrift „Rechtsfolge“ oder „Aufwendungen“ ist dabei weniger entscheidend, sollte geprüft werden:
Weiterhin müssten Aufwendungen getätigt worden sein. Aufwendungen i.S.d. § 637 I BGB sind freiwillige Vermögensopfer, die der Besteller zur Beseitigung des Mangels erbringt. Hier hat X sich freiwillig entschieden, eine andere Firma mit der Erfolgsherbeiführung zu beauftragen und so 1337 Euro zu bezahlen. Damit liegen freiwillige Vermögensopfer zur Mängelbeseitigung vor. Folglich sind Aufwendungen getätigt worden.
Auch müssten diese erforderlich gewesen sein. Eine Erforderlichkeit ist gegeben, wenn ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Besteller aus einer ex ante Sicht die Aufwendungen notwendigerweise getätigt hätte – auf eine besondere Verhältnismäßigkeit kommt es dabei nicht an. Hier sind Aufwendungen von 1337 Euro entstanden, die ursprüngliche Leistung sollte 1000 Euro Kosten, der beauftragte Anbieter war der einzige am Markt, der sich bereiterklärte, den Erfolg noch mangelfrei herbeizuführen. Damit liegen Aufwendungen vor, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch ebenfalls getätigt hätte. Folglich waren die Aufwendungen auch erforderlich.
Es wurden erforderliche Aufwendungen in Höhe von 1337 Euro getätigt.
In der Formulierung des Gutachtens wird deutlich, dass der Unterschied zwischen Vertretenmüssen und Verschulden nicht bekannt ist, z.B. weil die Begriffe synonym benutzt werden.
Vertretenmüssen ist ein Rechtsbegriff und Tatbestandsmerkmal des deutschen allgemeinen Schuldrechts. Wer im rechtlichen Sinne die Verwirklichung eines Tatbestands zu vertreten hat, hat auch für die Rechtsfolgen einzustehen. Regelmäßig haftet er dann auf Schadensersatz.
Vom Vertretenmüssen zu unterscheiden ist das Verschulden, welches die subjektive Vorwerfbarkeit der Verwirklichung des Tatbestands ausdrückt. Das Bürgerliche Gesetzbuch knüpft das Vertretenmüssen überwiegend an eigenes Verschulden, kennt aber auch verschuldensunabhängige Haftungstatbestände. Außerdem gibt es auch Anknüpfungs- und Zurechnungstatbestände für fremdes Verschulden – ein prominentes Beispiel ist § 278 BGB. Keineswegs ist Verschulden und Vertretenmüssen als im Rechtssinne gleichbedeutend, wer durch Formulierung und ungenauen Gebrauch der Worte aber diesen Eindruck erweckt, macht etwas grundlegend falsch.
Man sollte sich also „grob“ merken: Vertretenmüssen ist zugerechnetes und relevantes Verschulden. Man muss zwar eigenes Verschulden vertreten, aber das ist nicht alles!
Die Begriffe sind damit nicht synonym zu gebrauchen!
Im Gutachten wird formuliert: „Es müsste eine Kausalität zwischen A und B“ vorliegen.
Kausal bedeutet ursächlich. Ein „ursächlicher Schaden“ ist jedoch für einen Anspruch nicht relevant. Der Schaden muss nicht Ursache, sondern verursacht worden sein, also die Folge eines (vorangegangenen) Tuns oder Unterlassens, das pflichtwidrig oder rechtswidrig ist.
Kausalität kann zwar zwischen Variablen bestehen – kaum aber in der juristischen Begutachtung, hier wird die monodirektionale Ursächlichkeit überprüft! Die Ursache ist also kausal für die Wirkung. Die Verletzungshandlung ist damit kausal für die Rechtsgutverletzung. Die Rechtsgutverletzung ist kausal für den Schaden. „Zwischen“ beiden Tatbestandsmerkmalen besteht aber gerade keine Kausalität, die umgekehrte Richtung des Ursache-Wirkung-Verhältnisses wird nicht untersucht! Ähnliches gilt auch im Verhältnis Rechtsgutverletzung und Vereltzungshandlung, bspw. bei der Prüfung des § 823 Abs. 1 BGB.